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Timmerbergs Reise-ABC


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Produktinformationen
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Artikel-Nr.:
     5667A-9783932927201
Hersteller:
     Solibro Verlag
Herst.-Nr.:
     9783932927201
EAN/GTIN:
     9783932927201
Suchbegriffe:
Reiseberichte
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Reiseberichte und Erzählungen - deu...
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K - wie Kokosnuß Kürzlich auf Ko Samui (Thailand) machte es beim Frühstück plötzlich rumms (oder bumms). Ein Geräusch, als wenn ein Meteorit im Sand einschlägt. Ein dumpfer, satter Sound, im Grunde oft gehört, aber nie wirklich registriert. Was war passiert? Neben mir lag eine Kokosnuß, die vorher da nicht gelegen hatte. Weil ich nichts besseres zu tun hatte, zählte ich dann die Kokosnußpalmen in meiner Bungalowanlage. Ergebnis: 40 Bungalows, 70 Palmen, rund 14 Nüsse pro Baum. Insgesamt waren das also knapp 1.000 Nüsse, die da über unseren Köpfen hingen. In etwa 20 Meter Höhe und jede gut und gerne zwei Kilo schwer. Zwei Kilo aus 20 Metern Höhe und eine sehr harte Schale. Mit einer Gehirnerschütterung ist das nicht vom Tisch. Das geht in Richtung Schädelbasisbruch, wenn so was nicht daneben fällt. Paranoid? Ich würde sagen, das Schicksal einer Kokosnuß ist der Fall zu Boden. Keine bleibt oben. Ich fragte deshalb die Chefin der Bungalowanlage, wieviele Touristen jährlich auf der Insel von den Nüssen erschlagen würden. Die Frau antwortete zunächst, als hätte ich sie was anderes gefragt. Die Kokosnuß sei ein Geschenk des Himmels, sagte sie, für alle, die nicht säen und nicht ernten und nicht frieren. Das Multitalent unter den Tropenfrüchten habe nicht nur jede Menge Nährstoffe und Vitamine, nein, in Verbindung mit Sahne, Ananassaft und weißem Rum würde sogar Pina Colada daraus. Ich wiederholte also meine Frage. Oh, sagte die Chinesin, außerdem mache man aus dem Fruchtfleisch Pralinen und "Bounty", und was würde aus der Touristenhaut ohne Körpermilch und Sonnenöl? Auch da sei Kokosnuß drin, wie übrigens auch in dem Kokosnußjoghurt und dem Kokosnußeis. Und aus den Schalen mache man schöne Aschenbecher oder Behältnisse für den Reis. Ich wiederholte meine Frage ein drittes Mal. Die Frau gab auf. "Ein Prozent", sagte sie. Erstaunlich. Ko Samui ist groß, und ich schätze, es sind eine runde Million Kokosnußpalmen vor Ort. Und nur einem Prozent aller Touristen wird von heruntersausenden Nüssen der Kopf gespalten? Glaube ich nicht. Oder doch? Ich war eine Woche am Strand, und jeden Tag knallte irgendwo neben mir eine Nuß in den Sand. Jeden Tag! Aber keine hat mich je getroffen. Man gewöhnt sich regelrecht daran, daß sie links und rechts wie Bomben runtergehen und nichts passiert. Als wäre es ein Film. Ein Traum. Ein virtuelles Urlaubsparadies: Trotzdem würde ich jedem raten, sich nicht in Hängematten zu legen, die zwischen Kokosnußpalmen aufgehängt sind. Wer darauf nicht verzichten kann, sollte zumindest nicht schaukeln. Auch beim Sonnenbaden empfiehlt sich ein Sicherheitsabstand. Denn merke: Solange der Schatten eines Palmenblatts auf den Gesichtern liegt, ist man noch im Kokosnuß-Einzugsgebiet. Die Thailänder sagen übrigens, nur bösen Menschen fallen Kokosnüsse auf den Kopf. Das macht die Sache natürlich überschaubarer. Man geht einfach nur mit sich selbst ins Gericht ("Was bin ich?") und wenn die Antwort "böse" ist, sollte man an den palmengesäumten Stränden dieser Welt grundsätzlich einen Bauhelm tragen. Abschließend noch ein Fakt: Auf den Philippinen sind herunterfallende Kokosnüsse die häufigste Todesursache überhaupt. M - wie Moskitos klatschen Moskitos lieben Touristen, weil sie so gut riechen. Gerade abends, wenn wir zu den Gala-Dinners schreiten, mit Gel in den Haaren und dem Duft unserer Parfüms und Seifen, sitzen die Moskitos auf der anderen Seite des Büfetts in Lauerstellung. Die Hotels tun das ihre. Sümpfe sind das natürliche Zuhause dieser Insekten, die künstlichen Lagunen in den Hotelanlagen sind dagegen von Menschenhand geschaffene Moskitoschutzgebiete. Sind die Architekten irre, die so etwas planen? Nein, sie kommen meist nicht aus der Gegend. Sie sitzen in klimatisierten Penthouseetagen irgendwo weit ab vom Schuß, weit ab vom Stich, sollte man besser sagen. Und sie vergessen. Wir alle vergessen die Qualen durchkratzter Nächte. Moskitos sind die Kamikazeflieger unter den Insekten, die Mikro-Düsenjäger, die Bonsai-Migs, die heulend unsere Ohren umkreisen, bevor sie sich auf uns stürzen. Sie bohren sich sogar durch Moskitonetze, und ist auch nur eine drin, ist die Nacht dahin. Der Tip: Zwei Moskitonetze übereinander aufgehängt nehmen auch der tollkühnsten Mücke den Schwung. Und: die Lichtfalle. Die Lampen im Schlafzimmer ausmachen, die im Badezimmer anlassen, ein bißchen warten, und dann rein ins Badezimmer und alle abklatschen. Es gibt inzwischen Turniere im Moskitoklatschen. Ich las neulich auf der Seite eins der "Bangkok Post" eine Meldung über die Weltmeisterschaft in dieser Disziplin. Ein Italiener hatte sie gewonnen. Die angesehene südostasiatische Zeitung schrieb wörtlich: "Congratulations. Standing ovations. The brutal Italian killed 27 mosquitoes with his bare hands in 15 minutes." Moskitos sind vogelfreie Wesen. Es gibt niemanden auf diesem Planeten, der sie schützen will. Weil niemand erklären kann, wofür sie eigentlich da sind. Jedes Tier, jede Bestie, selbst die Ratte und der Hai sind für irgend etwas gut, weil sie für irgend etwas anderes schlecht sind. Man nennt das ökologisches Gleichgewicht. Der Moskito ist darüber erhaben. Er ist für alle schlecht und für nichts gut, und von daher glaube ich, daß sie nicht von Gott geschaffen wurden. Sie sind das Jagdgeschwader der Hölle. Wie die Vampire wollen sie Blut, und sie wollen es nur in der Nacht. Wenn der Tag anbricht, sind sie weg. Einfach weg. Ich weiß nicht wohin. Viele sagen, sie verstecken sich auf dunklen Gegenständen, auf schwarzen Koffern, Taschen, BHs und Slips. Nur das dumme Insekt ruht an weißen Wänden. Klatsch! Freunde und Helfer: Spinnen und Geckos fressen Moskitos. Erstere sind Zimmergenossen von ebenfalls nicht untadeligem Ruf, die Geckos dagegen sind supernette Haustiere. Sie sehen im ersten Moment ein bißchen komisch aus, für manche Geschmäcker sogar eklig, weil sie so nackt sind, so reptilienhaft, und man könnte meinen, sie fallen jeden Moment von der Decke oder von der Wand, an der sie kleben. Tun sie aber nicht. Es ist, als ob sie Uhu transpirieren. Unbeweglich, lautlos, geruchsneutral, pflegeleicht. Der Gecko ist ein Reptil mit Manieren, aber das beste ist, was sie mit den Moskitos machen. Aus der Opferperspektive sieht das folgendermaßen aus: Eine nasse klebrige Zunge, etwa zweihundertmal größer als das Insekt, schießt plötzlich mit einem Affenzahn aus der Wand heraus und schleckt sie weg. Der Vorteil des Schleckens gegenüber dem Klatschen liegt auf der Hand. Es gibt keine Sauerei an der Wand. G - wie Gefahr Es geschah an einem Strand auf Bali. Sie hatten mich vor den Strömungen gewarnt, aber damit hatte ich trotzdem nicht gerechnet. Ich stand bis zu den Knien im Wasser, nicht tiefer, und plötzlich zog ein Riese an meinen Füßen, so scheiß groß wie der Ozean. Und ich kam nicht dagegen an, ich kam nicht raus, ich kam nicht mal nicht von der Stelle, ich kam ins Meer. Was soll ich sagen, volle Pulle Kraulen in Richtung Strand, in Richtung Mädels, in Richtung Leben ganz allgemein. Ich habe die Minuten nicht gezählt, vielleicht eine, vielleicht zwei, die es brauchte, und schon war ich 500 Meter von all diesen Begehrlichkeiten entfernt. Dann 1.000. Die Probleme: 1. Es wird nicht lange dauern und dann sind es 2.000. 2. Es wird ebenfalls nicht lange dauern und ich kann nicht mehr. 3. Was für Fische gibt es eigentlich hier? Der Tip eines Surfers rettete mir das Leben. Ich gebe ihn hiermit weiter. Die Strömungen sind zwar mörderstark und gehen weit hinaus, aber sie sind nicht sehr breit. Falsch ist: gegen Strömungen anschwimmen. Richtig: immer seitlich raus. Hunde sind hier und da auch eine Gefahr. Der Hund der dritten Welt ist in der Regel nicht sonderlich groß und kräftig, aber zäh und häßlich und tritt gern in Rudeln auf. Vor allem nachts, vor allem an Stränden. Und dann steht man da vielleicht mit seiner Braut und macht auf Romantik und erst sind es zwei, drei, vier, dann fünf, dann zwanzig. Das wird nicht nur laut, das wird ungemütlich. O.k., man kann mit Steinen werfen, aber nehmen wir mal an, es handelt sich um einen paradiesischen Sandstrand, auf dem wir stehen. Sand wie Samt und Seide bedeutet keine Steine. Was dann? Ich weiß nicht, ob es weltweit so gehandhabt wird, aber die Inder machen es so: Sie gehen nachts nie ohne Spazierstock aus. Einen richtigen Spazierstock mit einem gebogenen Knauf. Greift sie ein Rudel Hunde an, halten sie den Knauf knapp über dem Boden und drehen sich im Kreis. Das bricht den Hunden die Beine. Nicht übertrieben tierlieb, gewiß, aber einer muß immer sterben, hat Hemingway gesagt. Was mir in Harlem zu einer Zeit passierte, als New York noch gefährlich war, kann heute in jeder anderen amerikanischen Großstadt geschehen, im Grunde in jeder Metropole der Welt. Es reicht, die falsche Highway-Ausfahrt zu nehmen, oder, noch gemeiner, man hat sich im Streckenplan der Subway vertan und spaziert zu Fuß ins Ghetto. Ich war glücklicherweise nicht allein unterwegs. Und auch nicht zufällig. Ein schwarzer ehemaliger Undercover-Polizist begleitete mich durch das nächtliche Harlem der frühen 80er Jahre, und da war diese Kreuzung, so fünfzig Meter vor uns, und so an die 20 junge Schwarze standen da. Es war in der Zeit, in der man noch "black is beautiful" sagte. Sie standen an der linken Seite der Kreuzung, wir gingen auf der rechten Straßenseite. "Hast du mal Feuer?", fragte mein Begleiter und blieb stehen. Das ist eine Drogengang, sagte er, während wir uns Zigaretten anzündeten. Die haben Baseballschläger, Messer und Pistolen. Und die haben schlechte Laune. Wenn wir umdrehen und zurückgehen, kommen sie hinterher. Wenn wir an der Kreuzung nach rechts abbiegen, kommen sie hinterher. Wenn wir auf unserer Straßenseite geradeaus weitergehen, kommen sich auch hinterher. Es gibt nur einen Weg. Wir werden jetzt auf ihre Straßenseite wechseln und direkt auf sie zu gehen. Und direkt durch sie hindurch. Geh nicht zu langsam und nicht zu schnell. Sieh ihnen nicht in die Augen. Antworte ihnen nicht. O.k.? Es ging o.k. Der Gang kam der Jagdinstinkt abhanden. Die paar Momente ihrer Konzeptlosigkeit reichten, und wir waren durch und um die nächste Ecke und damit nicht nur außer Gefahr, sondern auch in angenehmer Umgebung. Mein Begleiter brachte mich zu einem Freund, der hier wohnte. Es war ein wundervoller, alter, schwarzer Mann, und er erzählte mir den Rest der Nacht Geschichten von der Art, die man weitererzählen kann. Ich hörte ihm zu und trank sein Bier. Was ich damit sagen will? Erfahrungsgemäß liegen die schönsten Geschichten immer hinter der Gefahr. Direkt dahinter. Aber vielleicht irre ich mich da. Vielleicht liegt es auch nur am Überleben, daß man plötzlich wieder so gerne lebt. aus: Timmerbergs Reise-ABC von Helge Timmerberg
Weitere Informationen:
Author:
Helge Timmerberg; Peter Puck
Verlag:
Solibro Verlag
Sprache:
ger
Weitere Suchbegriffe: Reisebericht, Reisebericht - Reisebeschreibung, Reisetagebuch, Welt / Reisebeschreibung, Weltreise, Reise, Skandaljournalist, Comic, Kultbuch, Journalist, Abenteuer
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